«Freier Handel» vs. Protektionismus

Der Handelskonflikt ist in aller Munde. Neue Zölle und zunehmender Protektionismus lassen Ökonomen die Haare zu Berge stehen. Es wird gepoltert und gepredigt, und die breite Bevölkerung stimmt unisono in die Schimpftirade ein. In dieser politisch heiss geführten Debatte kann es von Vorteil sein, gelegentlich einen Schritt zurückzutreten und sich zu überlegen wieso der freie Handel Vorteile hat. Diese stehen in diesem Blogeintrag im Fokus.

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Blick in die Vergangenheit – Adam Smith und David Ricardo

Die Vorteile des freien Handels sind augenscheinlich, wenn lediglich absolute Kostenvorteile berücksichtigt werden. Bereits im 18. Jahrhundert hatte dies Adam Smith erkannt. Die begrenzten Produktionsfaktoren Kapital und Arbeit können am effizientesten eingesetzt werden, wenn sich jedes Land auf die Produktion jener Güter spezialisiert, für die es einen absoluten Kostenvorteil besitzt. So wird unter dem Strich die Anzahl produzierter Güter, und ergo die Wohlfahrt jedes Landes maximiert. Dazu gibt es eine ausführliche Erklärung mit Beispielen zur Theorie von Adam Smith.

Wenn wir unsere Analyse jedoch nicht nur auf absolute Kostenvorteile beschränken, dann wird die Angelegenheit schon spannender. So sollten für jede Einheit Arbeit, welche für die Produktion eines Gutes aufgewendet wird, Opportunitätskosten berücksichtigt werden. Schliesslich hätte diese Arbeit auch für die Produktion eines anderen Gutes eingesetzt werden können. Selbst wenn ein Land im absoluten Kostennachteil ist, werden die Anzahl der produzierten Güter maximiert. Solange es sich auf jene spezialisiert, bei denen es geringere Opportunitätskosten als seine Handelspartner hat. Dieses Konzept des komparativen Kostenvorteils geht zurück auf David Ricardo im 19. Jahrhundert.

Freier Handel in der Realität

Die Realität ist natürlich noch wesentlich komplexer. Durch abnehmende Skalenerträge werden sich die Opportunitätskosten erhöhen. Ferner muss aus Gründen nationaler Sicherheit eine gewisse Autarkie in der Produktion strategischer Güter gewährleistet sein, um im Falle eines Konflikts nicht unter übermässigen Abhängigkeitsverhältnissen zu leiden. Ausserdem sollte nicht nur Arbeit, sondern auch Kapital als Produktionsfaktor berücksichtigt werden. Beispielsweise das nach zwei Professoren der Stockholm School of Economics benannte „Heckscher-Ohlin Modell". Eine Folgerung ihrer Untersuchungen ist unter anderem eine Umschichtung von Wohlstand zwischen Arbeitern und Besitzern von Kapital. Angenommen ein Land verfügt über komparative Vorteile im Besitz von Kapital gegenüber Arbeit, dann wird sich im Zuge der Spezialisierung auf kapitalintensive Produktion die Nachfrage und somit der Preis von Kapital erhöhen. Umgekehrt verhält es sich mit Arbeit, was folglich das Nettoeinkommen von Kapital auf Kosten von Arbeit erhöht.

Fazit: Freier Handel

Nach diesem kurzen theoretischen Rundkurs landen wir also wieder bei der Politik. Eine gewisse Ironie ist nicht zu verkennen, dass zunehmender Handel zu einer Umschichtung von Kapital führt. Als Folge dessen bringt die sich weiter öffnende Wohlstandsschere nun zunehmenden Populismus und Protektionismus mit sich. Letztendlich versucht dieser aber seinen eigenen Ursprung im freien Handel einzudämmen. Nichtsdestotrotz überwiegen aus theoretischer Sicht die Vorteile. Selbst wenn die Gewinner die Verlierer angemessen entschädigen, wird durch Handel unter dem Strich der produzierte Wohlstand bei konstanten Ressourcen trotzdem maximiert. Aus dieser Perspektive bleibt also zu hoffen, dass der jüngste Handelsstreit ein Schritt in die falsche Richtung auf dem richtigen Weg ist.

14.11.2018



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